Mittwoch, 23. April 2008

Meine letzten Tage...

Mittlerweile kann ich die mir verbleibenden TAge an 2 Händen abzählen und kann immer noch nicht fassen, dass ich nun fast schon 9 Monate hier in Nicaragua bin. Wo ist die Zeit nur geblieben?
Immer wieder werde ich nun gefragt, wie es mir in Bezug auf den bevorstehenden Abschied geht. Und immer wieder horche ich dann in mich hinein und versuche ein eindeutiges, klares Gefühl in mir zu spüren. Doch anstelledessen wirklen in mir sehr unterschiedliche Gefühle herum, was mir eine Antwort erschwert.
Was werde ich hier vermissen, bzw. nicht? Auf was freue ich mich schon wieder daheim?
Vor allem Anderen erst einmal die Menschen, die ich hier mit der Zeit kennen und schätzen lernen durfte. Wo man auch hinkam- man wurde freundlichst aufgenommen. Selten habe ich eine Gastfreundschaft in diesem Masse zuvor erlebt. Könnte ich in Deutschland mitten in der Nacht bei der Nachbarin um Unterschlupf bitten, ohne dass es mir unangenehm ist? Würde sie mich dann auch einfach mit ihr und irhem Kind im einzigen Bett des Hausese schlafen lassen? Ich hatte grosses Glück mit meiner Gastdamilie und von Anfag an war ich Teil der Familie, nicht nu ein zahlender Gast. Das miteinander quatschen, beisammen sein und spassen wird mir fehlen. Genauso wie das sich in San Carlos untereinander kennen. Sobald ich aus dem Haus gehe, treffe ich Leute, die ich kenne oder Menschen, die mich grüssen. Manchmal einfach so, weil ich anders aussehe oder weil sie mich kennen ( was nicht heissen soll, dass ich sie kenne ;) ). Es ist ein schönes Gefühl, erkannt zu warden und ein Lächeln geschenkt zu bekommen. Manchmal verlasse ich müde und nicht mit der besten Laune (Morgenmuffel) das Haus. Dann komme ich aber an dem Haus einer der Kindergärtnerinnen vorbei, wo ihre Eltern auch wohnen. Wenn sie mich dann sehen, fangen sie das grinsen an und auch wenn es kitschig klingt. Es kommt sofort in meinem Herzen an und ich laufe des Rest des Weges mit einem Lächeln auf dem Gesicht bis zum CDI.
Natürlich kann es auch sehr negativ sein, dass jeder jeden kennt und so viel getratscht wird. Sofort entstehen irgendwelche seltsamen Geschichten über angebliche Liebschaften oder schlechte Taten. Man erfährt dann irgendwann, dass man knutschend mit einem Typen in der und der Ecke gesichtet wurde oder sonstiges. Wenn ich ehrlich bin, dann machen mir solche Tratscherein immer recht viel aus. Mir fällt es schwer, darüber hinweg zu sehen. Es regt mich nicht dewegen auf, weil sie evtl über mich redden. Sondern vielmehr, dass sie über die Deutsche redden und wir doch gerade in einem anderen Land einen guten Eindruck hinterlassen sollten. Lässt man sich hier nichts zu Schulden kommen, so heisst das nicht, dass manche Leute nicht doch eine schlecht Meinung von einem haben wg irgendwelcher erfundenen Geschichten. Und das ist doch schon sehr traurig finde ich… Um aber wieder zu den Menschen hier zurückzukommen, so ist es für sie doch recht unverständlich, dass wir Ausländer auch gerne manchmal unsere Ruhe haben und uns irgendwo zurückziehen. Bin ich mal längere Zeit alleine in meinem Zimmer, so wird ganz verstört gefragt, was mit mir los ist. “Nix”, sag ich dann. “Ich hab nu rein bisschen gelesen. “oder ähnliches. “Ein Buch? Ist dir langweilig?”. Dass Lesen eine Art ist sich zu enspannen oder nachzudenken, das finden viele doch sehr seltsam. Gut, ich bin wohl auch ein Mensch, der gerne ab und zu seine Ruhe hat, auch wenn ich das hier schon etwas abgelegt habe. Denn dem ganzen Lärm und der Masse kann man sich einfach nicht wirklich entziehen… Nein, alleine ist man hier in Nicaragua nie. Jedenfalls nicht, wenn man das wirklich will. Immer kommt jemand auf Besuch nach Hause oder man muss nu rein paar Strassen weitergehen um bei einem Freund/ Bekannten (was hier eigtl das Gleiche ist) vorbei zu schauen. Alles ist zu Fuss erreichbar. Und dennoch- mich auf´s Fahrrad setzen zu können und losfahren wohin ich will oder mit dem Auto auch einmal ein bisschen weiter weg. Herrlich! Es fehlt mir auch sehr, dass ich einfach in die Natur hinaus und einen Spaziergang machen kann. Hier kann man nur in den Strassen umherwandern. Alles andere ist bewaldet und es kriechen gefährliche Schlangen oder sonstiges Getier herum. Da lernt man es schon schätzen, dass man in Deutschland einfach hoffen gehen kann. Oder Sport im Allgemeinen. Hier ist das sich bewegen kaum möglich. TagsÜber ist es zu heiss und nachts gibt e skein Licht auf dem Feld, wo man laufen gehen könnte. Klar, man kann einfach in den Strassen umherrennen, aber da würde man wohl ein wenig komisch angeschaut warden. Es gibt auch eine Turnhalle hier, aber die ist entweder besetzt oder abgeschlossen. Kein WUnder also, wenn man hier total in die Breite geht. Man kann sozusagen nichts dafür  Zusätzlich zu dem sich nicht bewegen können kommt noch das nicaraguanische Essen. Eigentlich wird alles einmal in Fett angebraten. Sei es Fleisch, Platanos, Reis, GemÜse oder Käse. Dass ich kein Freund dieses Fetts bin, hat meine Families chon länger gemerkt, aber ganz ist es eben doch nicht vermeidbar hier. Jeden Tag gibt es Reise und Bohnen, was sehr vollwertig ist. Komischerweise schmeckt mir der Gallo Pinto imemr noch, auch wenn ich dem eintönigen Essen doch ein wenig überdrüssig geworden bin und mich auf Pasta, Salat und überhaupt drisches Gemüse ( und mal ungekocht) freue. Wenn ich nach Hause komme, wird ein Stück Vollkornbrot mit Butter der Himmel auf Erden sein. Und Kaffee, und Apfelschorle, und echter Brotbelag und und und… Das klingt jetzt vielleicht verfressen, aber wir Freiwilligen hier haben alle unsere Essensträume. Das ist etwas, das einem wirklich abgehen kann. Ob ihr´s glaubt oder nicht… Ach ja, es ist schon wirklich sehr viel einfacher, sich in Deutschland gesund zu ernähren und dann auch noch mit Dingen, die lecker sind!
Juli und ich haben uns letzten Sonntag mal wieder sehr amüsiert, als wir in einer relativ abgeranzten Bar mit ein paar Bekannten sassen und etwas zu trinken bestellen wollten. „Gibt es frischen Saft?“, fragten wir. Das das manchmal zu viel verlangt ist, ist schon klar. Also fragten wir nach Kaffee. Nein, auch nicht. Und Fanta? Nein, nur Cola und Bier. Nach langem hin und herüberlegen entschied man sich also für Cola. Da kam der Kellner dann mit den Flaschen und entschuldigte sich, denn es gäbe keine Strohhalme mehr. Wir mussten sehr über diese Situation lachen, denn die Leute haben es hier grösstenteils wirklich nicht drauf, Geschäft zu machen. Gerade in solchen Sachen wie Restaurants und Bars sind die Menschen sehr locker drauf. Irgendwann hatten wir total Lust auf Bananenmilch (Milchentzug seit fast 9 Monaten!). Leider gab es in der Bäckerei keine Bananen und so liefen wir einfach zum Markt um welche zu kaufen und kamen wieder und bekamen unsere Bananenmilch. Hm, so wird das wohl nicht gehen in Deutschland. Oder vielleicht doch, aber ich bekäme einen komischen Blick geschenkt. Oder? Naja, ich kann´s ja mal ausprobieren...
Ob ich die Busfahrten vermissen werde oder nicht, darüber bin ich mir ehrlich gesagt noch nicht ganz klar. Ich habe immer über die Ruckelfahrten geschimpft und es liegt auf der Hand, dass es wirklich anstrengend, dreckig und lange Fahrten sind. Komischerweise hatte ich eine der schönsten Momente hier immer in Bussen. Wenn man tagsüber fährt, so hat man Zeit, über einiges nachzudenken und ich glaube, ich kann wirklich sagen, dass ich bei solchen Fahrten Zustände hatte, bei denen ich rundum zufrieden war. Ich erinner mich da an eine nach Managua. Die Tage zuvor war ich mit Fieber im Bett gelegen, aber ich musste mal wieder raus und ausserdem sollte das Black Eyed Peas Konzert stattfinden. Also fuhr ich den ganzen Tag mit dem Bus. Das Klima war nicht zu heiss, der Bus zwar voll, aber erträglich. Als wir dann auf die richtige Strasse kamen musste ich lächeln, weil ich spürte, dass es mir gut geht. Und als ich nach einem Strandtag mit Thomas nach Hause fuhr und wir nicht bei einander sassen, da merkte ich, dass mir genau das, die überfüllten, stickigen, dreckigen Busse fehlen werden. Es hört sich vielleicht komisch an, aber ich kann das Gefûhl nicht wirklich beschreiben. Dafür muss man mal mit so einem Bus fahren ;)
Und was ist mit den Lebensbedingungen? Ich habe schon einmal geschrieben, dass mir das Leben in diesen wirklich ärmlichen Verhältnissen nie wirklich etwas ausgemacht hat. Das hat sich bisher auch nicht geändert. Doch ab und zu packt einen doch der Ekel und man wünscht sich in das geflieste Bad in Deutschland zurück. Ich bin wirklich froh um mein Moskitonetz. Nicht so sehr wg der Stechmücken, sondern wegen all dem Viechzeugs, das so herumkriecht. Die Kakerlaken werde ich garantiert nicht vermissen. Ihnen sage ich gerne Adios ;) Jetzt nach beinahe 9 Monaten freue ich mich jedoch schon, endlich wieder mal ganz sauber zu sein. Hier duscht man sich mindestens einmal am Tag. Tut man das nicht, dann sieht man das auch. Die Strassen sind voller Staub in der Trockenzeit und auch sonst ist alles dreckig. So kommt es auch, dass man viel öfter Wäsche waschen muss. Und das, wo ich das doch alles mit der Hand machen muss  Nein, also ich bin sehr froh, dass ich in solche Verhältnissen leben konnte und so neue Erfahrungen gemacht habe. Wenn ich wieder in Deutschland bin, so werde ich mich viel zu schnell wieder an warmes Wasser, Waschmaschine und all die angenehmen Dinge gewöhnen. Aber allein das Wissen, dass ich in anderen Umständen ohne Probleme leben kann ist schon etwas, für das sich der Aufenthalt hier gelohnt hat. Meiner Meinung nach zumindest. Vielleicht täte es jedem mal gut, so etwas zu erleben. Wir leben in so einer hygienischen Gesellschaft mit all den Allergien und ähnliches. Ein bisschen Dreck hat noch keinem geschadet ;)
In Deutschland schaut man sich eigentlich immer im Spiegel an, bevor man das Haus verlässt. Das tun die Nicas auch sehr gerne, weshalb jeder, der es sich leisten kann, einen Riesenspiegel irgendwo stehen hat. Auch wir haben einen. Der ist allerdings so gekippt, dass ich nur meinen Unterkörper sehe und ich ihn somit nicht gebrauchen kann. Jaja, Diskriminierung von Grossen... So begnüge ich mich mit nem kleinen Handspiegel und weiss eben nicht genau, wie ich aussehe. Vielleicht ist das auch besser so, denn sonst würde ich das Haus gar nicht verlassen *g* In Deutschland ist das wohl nicht mehr ganz so möglich. Möglich schon, aber tun werde ich es nicht. Weshalb man sich auch sonst nicht so oft im Ganzen sieht liegt daran, dass kaum Häuser verglast sind und bei den meisten Autos die Scheiben fehlen. Ich werde wohl erst einmal einen Schock bekommen bei all dem Möglichkeiten bei uns, sich an zu sehen ;)
Jetzt, wenn ich morgens in den CDI komme, rennen mir meine Kleinen entgegen und rufen „Buenos días, maesra Helena“ und es überkommt mich immer eine Welle des Glücks. Mit den Kindern, mit denen ich im Moment zusammen bin, habe ich schon ganz am Anfang zusammengearbeitet, als sie noch ein Nivel niedriger waren. Nun, wo ich sie wiedersehe, bemerke ich, wie stark ihre Charaktäre schon ausgeprägt sind und wie sie sich verändert haben. „Ach mein Gott, bist du aber gross geworden.“ Hört man selbst immer wieder und verdreht nur die Augen. Aber es ist nunmal so, dass es beinahe unglaublich ist, wie schnell Kinder wachsen, sodass man es kaum fassen kann. Ich erinner mich noch daran, wie ich ihnen vor 8 Monaten die Hände gewaschen habe und nun sehe ich die gleichen Hände wieder. Diesmal aber grösser, stärker und sie brauchen meine Hilfe kaum noch. Jaja, ich hör schon auf. Werde jetzt schon ganz sentimental. Ich werde diese kleinen Kinder vermissen, wenn auch sie es nicht lange tun werden, da Kinder so schnell vergessen. Ich hoffe allerdings, dass die Zeit, die sie mit mir hatten, eine schöne Zeit war und ich ihnen genauso viele schöne Stunden geben konnte, wie sie mir.
Nun schreibe und schreibe ich und finde gar kein Ende. Das wird es so schnell auch nicht geben, aber für heute belasse ich es dabei. 8,5 Monate kann man nicht als gut oder schlecht beschreiben. Es gab von allem etwas und unterm Strich kommt man positiv raus. Es war die beste Entscheidung, die ich treffen konnte, ins Ausland zu gehen. Nicht, weil man etwas bewegt, sondern weil man seinen Horizont erweitert und dadurch wächst. Ich werde meinen Aufenthalt bei all den Problemen, die es natürlicherweise gibt, in positiver Erinnerung behalten und die Erfahrungen, die ich hier gemacht habe, wird mir keiner mehr nehmen können.

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