Monatsrückblick
Jetzt ist es genau einen Monat her seitdem ich das gute alte Deutschland verlassen habe und eine Lebensweise in Nicaragua kennenlerne. Doch wie geht es mir hier eigentlich?
Diese Frage habe ich mir selbst und andere mich auch schon öfters gefragt und ich weiss ehrlich gesagt keine schnelle Antwort darauf. Mit dem Klima, also der Hitze und dem starken Regen, habe ich mich ziemlich schnell abgefunden. Das einzig nervende daran ist, dass die Schuhe und die Hosen total voller Dreck sind, wenn man sich während oder nach einem Regenguss aus dem Haus traut. Das liegt aber einfach daran, dass nur die Strassen im Zentrum gepflastert sind... Die Sache mit dem Dreck ist schon etwas schwieriger für mich. Daheim bin ich liebend gerne barfuss oder mit Socken (zum Ärger meiner Mutter ;) ) durchs Haus gelaufen. Hier muss man immer Schuhe anhaben, denn sonst sind die Füsse gleich ganz schwarz. Wenn ich also in der Früh aufstehe, berühre ich den Boden nicht, sondern schlüpfe gleich in meine FlipFlops und mit ihnen unter die Dusche. Die Dusche ist hier eigentlich nur Gebrauchsgegenstand, wohingegen sie in Deutschland auch zum Entspannen war und ich die Wärme genossen habe. Ich dusche immer schon vor 7 Uhr in der Früh, da es da noch fliessend Wasser gibt. Aber zu dieser Zeit ist das Wasser natürlich noch ziemlich kalt, sodass ich regelmässig einen Schock bekomme. Danach bin ich auf jeden Fall für eine Stunde wach ;) An das Klo werde ich wohl nie ganz gewöhnen. Es ist okay, dass es so ist, aber man überlegt es sich schon immer zwei mal, ob man wirklich gehen muss oder ob man es sich noch ein wenig verkneifen kann. Irgendwie ist so ein Klo schon was intimes und man geht meist am liebsten auf das eigene. Komisch eigentlich... Das Essen finde ich, wie ich schon sagte, echt total lecker. Das einzige Problem ist, dass es ziemlich einseitig ist und somit auf Dauer nicht so gesund. Mittlerweile hat meine Gastmutter Cecilia aber gemerkt, dass ich ein Obst- und Gemüsefreak bin und kauft jetzt mehr davon ein. Von Managua habe ich noch mein Müsli und so ein superleckeres Frühstück. Zwar nicht wirklich typisch nicaraguanisch, aber dafür esse ich sonst ja nur traditionelles...
Die Vielfalt an Vegetation, Früchten und Tieren finde ich einfach toll und wenn ich so aus dem Fenster schaue und die Palmen mit den Kokusnüssen sehe, ist das schon fast normal für mich. Gehört jetzt einfach mit dazu :)
Die meisten Leute sind hier sehr freundlich und nehmen einen gerne auf und reden mit einem. Mir tut es sehr gut, wenn Cecilia hier ist. Wegen ihrem Job ist sie oft die ganze Woche weg. Sie integriert mich gut mit in das Familienleben und ich fühle mich ein bisschen mehr aufgehoben. Mehr wie in einem Zuhause...
Wenn ich das jetzt so durchlese, klingt alles doch sehr negativ. Doch komischerweise gewöhnt man sich schnell an so krasse Veränderungen und all die schwierigen Dinge sind gut zu meistern. Man passt sich einfach an und irgendwann ist das alles total normal. So geht es mir im Moment jedenfalls. Es gibt kein Wasser und kein Strom? Okay, dann muss man sich halt mit dem anderen Wasser waschen und sich die Zeit mit Lesen etc vertreiben. Ich merke jetzt schon, dass mir dieses etwas andere Leben insofern gut tut, als dass ich mein eigenes in Deutschland mehr zu schätzen weiss. Man vergisst so unglaublich schnell, wie gut es einem eigentlich geht und regt sich über Kleinigkeiten auf als würde die Welt bald untergehen...
Am Montag werde ich mit Ruth, Daniela, Danay und Cecilia nach San Miguelito gehen und dort bis Donnerstag bleiben. San Miguelito liegt nördlicher als San Carlos auch am See und Ceci muss dort irgendwas wegen der Arbeit machen. Da ich nicht ganz allein daheim bleiben möchte, habe ich mich entschlossen, mitzugehen. Hab zwar ein klein bisschen schlechtes Gewissen wegen CDI, aber ich bin ja nicht verpflichtet... Am Donnerstag Abend werden Cecilia und ich mit dem Bus :( nach Managua fahren, dort Anna und Luis (sie aus NrB, er aus San Carlos, verheiratet) abholen und nach Masaya fahren um ein wenig einzukaufen und die wunderschöne Stadt zu geniessen. Bin mal wieder froh, etwas rauszukommen und freue mich schon sehr. Ausserdem komme ich so endlich mal wieder an meinen Pass, der immer noch bei der Botschaft liegt und den ich zum Scheckeinlösen brauche :)
1 Kommentar:
Ola senhorina!
du bist schon lange weg und hst so viel erlebt und uns erzählt. Es ist einfach beneidens- und bewundernswert wie du uns deine erlebnisse und kommentare schilderst.Zuerst wundert mich sehr, dass so wenig kommentare zu deinen hochinteressanten berichte auf dem blog auftauchen. wahrscheinlich will dein fanclub lieber mit email und dadurch heimlich mit dir kommunizieren.
ich finde deine anmerkungen zur sauberkeit, intimität, essgewohnheiten sehr klug beobachtet und du wirst tatsächlich nach deiner rückkehr hierher, alles mit anderen augen sehen, mehr schätzen oder verachten. Hier in deiner heimatstadt ist ein neues tempel eröffnet worden: die jünger Arkadiens sind im vollrausch, sie schlagen sich, um die idolen anfassenzu dürfen, repliken zu erwerben, um ihre altare zu hause mit neuen items vollzustopfen. In diesem tempel glänzt alles: marmor, gold, stahl, glas, silber: man könnte im gegensatz zu deiner Hölle auf dem boden essen. Es müsste doch die sektenanhänger glücklich machen. Ganz im gegenteil. Sie laufen total gestresst rum, die kinder schreien, die mütter schimpfen, die väter schweigen... die minen sind ernst und verschlossen. Es grenzt alles an obzönität.
der einbeiniger Pirat
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